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Brigitte Zypries - Bundestagsabgeordnete für Darmstadt-Dieburg

Mitgliederbrief zur Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

Gut 100 Tage nach Regierungsbeginn hat die Bundesregierung heute (8.4.2014) für einen Neustart der Energiewende gesorgt. Wir haben im Bundeskabinett den Gesetzentwurf für eine grundlegende Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes beschlossen. Damit machen wir aus einem Gesetz, das exzellent zur Technologieförderung war, ein Gesetz, das den Wechsel zu einem System, ermöglicht, in dem Ökostrom dominiert. Und mit dem neuen EEG sichern wir Hunderttausende von Arbeitsplätzen, die in Deutschland an der energieintensiven und im internationalen Wettbewerb befindlichen Industrie hängen.

Kein anderes vergleichbares Industrieland auf der Welt bezieht einen so hohen Anteil seines Stroms aus Erneuerbaren Energien. Das ist ein großer Erfolg des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG), das Gerhard Schröder und die rot-grüne Bundesregierung im Jahr 2000 durchgesetzt haben.

Nach 14 Jahren Förderung durch das EEG stammt heute ein Viertel des in Deutschland produzierten Stroms aus Erneuerbaren Energien. Diesen Anteil wollen wir weiter steigern. Wir haben gemeinsam geschafft, was Skeptiker für unmöglich gehalten haben: Ökostrom ist keine Nischenenergie mehr. Ökostrom ist eine etablierte Säule unserer Energieversorgung.

Bei allem Stolz auf das Erreichte: Gerade weil die Energiewende bislang so erfolgreich war, braucht sie einen Neustart.
Wir können nicht schulterzuckend zusehen, wie die Strompreise immer weiter steigen. Sie werden zu einer Bedrohung für Hunderttausende Arbeitsplätze in der Industrie und zu einer Belastung für viele Verbraucherinnen und Verbraucher.
Die bisherigen Förderinstrumente waren sinnvoll, um eine Nischentechnologie zur Reife zu bringen und den Erneuerbaren den Zugang zum Strommarkt zu öffnen. Jetzt müssen wir die Förderung so verändern, dass sie einen Markt steuert, der von Erneuerbaren Energien dominiert wird.
Wir müssen den Ausbau des Öko-Stroms planbar machen und die Kosten für die Verbraucher unter Kontrolle halten.
Deshalb haben wir heute im Bundeskabinett den Gesetzentwurf für ein neues EEG beschlossen.

Kosten senken

Für neue Anlagen werden wir die Einspeisevergütungen absenken – das machen wir so, dass Überförderungen abgebaut werden, ohne dass die Energiewende ausgebremst wird. Gleichzeitig konzentrieren wir uns beim Ausbau auf die Bereiche, in denen in der Vergangenheit die Preise am stärksten gesunken sind: Die Photovoltaik, also die Stromproduktion aus Sonnenenergie und die Windräder an Land. Wir stellen das System so um, dass sich überall in Deutschland neue Windräder lohnen. Gleichzeitig schaffen wir Planungssicherheit für Windräder in Nord- und Ostsee – denn die „Offshore"-Industrie bietet auch große Chancen für neue Arbeitsplätze.

Die Erneuerbaren an den Markt heranführen

Unser Ziel ist es, dass die Erneuerbaren Energien langfristig ohne besondere Zuschüsse wirtschaftlich sind. Bislang stehen zwei Systeme nebeneinander: Die konventionellen Kraftwerke, deren Strom an den Börse gehandelt wird, und der Öko-Strom, für den staatlich festgelegte Einspeisevergütungen gezahlt werden. Mit dem neuen EEG wollen wir beide Systeme zusammenführen.

Wir fangen Schritt für Schritt mit der Direktvermarktung an. Das heißt: Wer in Zukunft Ökostrom produziert, muss sich im Prinzip selbst einen Abnehmer suchen. Mit einem Zuschlag zum Marktpreis, einer sogenannten Marktprämie, stellen wir sicher, dass den höheren Kosten Rechnung getragen wird. Mittelfristig – spätestens ab 2017 – wollen wir die Förderhöhe der Erneuerbaren Energien über Ausschreibungen bestimmen, um die günstigste Form der Energieerzeugung bei den jeweiligen Technologien zu ermitteln und so den Kostenanstieg zu stoppen.

Planbarkeit statt Anarchie

Bislang lautete das Prinzip beim EEG: Je mehr Ökostrom, desto besser – egal was es kostet. Zum ersten Mal werden wir jetzt im Gesetz verbindliche Ausbaukorridore für Erneuerbare Energien festlegen. Das ermöglicht uns, die Errichtung neuer Anlagen mit dem Ausbau der Netze zusammenzubringen.
Jeder Ökostrom-Produzent – egal ob Privathaushalt, Stadtwerk oder Bürger-Genossenschaft – soll sich dabei auf das EEG verlassen können. Deshalb gewähren wir bestehenden Anlagen Bestandsschutz für die zugesagte Förderung.

Wettbewerbsfähigkeit der Industrie sichern

In den vergangenen Tagen ist viel über die Frage diskutiert worden, in welchem Umfang sich die energieintensive Industrie an den Kosten des EEG beteiligen muss. Ich habe in den Gesprächen mit der EU-Kommission eine Regelung erreichen können, die Hundertausende Arbeitsplätze in Deutschland sichert. Das ist ein Erfolg, auf den wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stolz sein können.

Meine Position war immer klar: Unternehmen, die ihre Produkte in andere Länder exportieren und sich im internationalen Wettbewerb behaupten müssen, dürfen keinen sprunghaften Anstieg der Stromkosten befürchten müssen. Viele andere Staaten haben keine dem EEG vergleichbaren Systeme zur Ökostrom-Förderung. Die dortigen Unternehmen müssen also auch keine vergleichbare Belastung schultern. Wenn Deutschland nun der eigenen Industrie weiterhin einen Rabatt auf die Ökostromförderung gewähren will, so ist das keine Wettbewerbsverzerrung, sondern im Gegenteil ein Gebot des fairen Wettbewerbs, in dem jeder vergleichbare Rahmenbedingungen haben soll.

Für eine solche Regelung haben Unternehmen wie Gewerkschaften mit guten Gründen geworben: Wenn das EEG zu einer Gefahr für Arbeitsplätze in Deutschland würde, wäre die Akzeptanz der gesamten Energiewende bei uns in Deutschland in Gefahr. Und wenn wir den Umstieg zu sauberer Energieversorgung nur dann vollziehen könnten, wenn gleichzeitig große Teile unserer Industrie ruiniert würden, würde kein anderes Land unserem Beispiel folgen. Damit würden wir dem internationalen Klimaschutz einen Bärendienst erweisen.

Die nächsten Schritte

Sobald wir eine Einigung mit der EU-Kommission über den Umgang mit der Industrie haben, werden wir die entsprechenden Regelungen im parlamentarischen Verfahren in den Gesetzentwurf aufnehmen. Nach der Verständigung mit den Ministerpräsidentinnen und –präsidenten in der vergangenen Woche bin ich sehr zuversichtlich, dass wir das neue EEG wie geplant noch vor der Sommerpause verabschieden können. Das ist ein wichtiger Schritt für einen Neustart der Energiewende – aber nur der erste.

So müssen wir den europäischen Emissionshandel endlich reformieren. Gegenwärtig sind die CO2-Verschmutzungsrechte viel zu billig – mit der Folge, dass der Anteil der Braunkohle an der Stromproduktion so hoch ist wie nie zu vor. Auch müssen wir endlich dafür sorgen, dass die Potenziale bei der Energieeffizienz wirklich genutzt werden. Denn jede eingesparte Kilowattstunde Strom spart nicht nur Geld, sondern schont auch die Ressourcen und das Klima. Und wir werden uns über „Kapazitätsmechanismen" unterhalten müssen – also darüber, wie wir Gas- und Kohlekraftwerke so einsetzen, dass ihr Betrieb zur Stabilisierung der Stromversorgung beitragen kann, auch wenn sie wegen des wachsenden Anteils von Ökostrom immer seltener Strom produzieren – das ist ein Thema, das viele Stadtwerke sehr bewegt.

All das werden wir jetzt schnell angehen. Ich freue mich auf eine engagierte Debatte in der ganzen SPD. Denn keine andere Partei kann bei diesem Thema aus so vielfältigen Erfahrungen in der Kommunal-, Landes- und Bundespolitik schöpfen, wie wir. Und keine andere Partei weiß besser, dass eine saubere, sicherer und bezahlbare Stromversorgung eben kein Widerspruch in sich ist – sondern eine Zukunftsaufgabe für unser gesamtes Land.

Mit herzlichen Grüßen

Sigmar Gabriel

 


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