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Brigitte Zypries - Bundestagsabgeordnete für Darmstadt-Dieburg

Ausstellung von Barbara Beisinghoff

Von der Dreieicher Künstlerin Barbara Beisinghoff bin ich gebeten worden, ihre Ausstellung im neuen Atelierhaus in Darmstadt zu eröffnen. Das habe ich natürlich gern gemacht. Im folgenden können Sie meine Rede lesen:

 

„Herzlich willkommen heute Abend hier im Atelierhaus Darmstadt zu der Ausstellung „water & sky“ (Wasser und Himmel) von Barbara Beisinghoff. Sie werden sich fragen, warum gerade ich hier stehe und diese Ausstellung eröffne.

Frau Beisinghoff und ich sind uns begegnet – in China. Nicht direkt, aber dennoch sind wir uns in gewisser Weise über den Weg gelaufen. Während eines Besuchs in China anlässlich des Rechtsstaatsdialogs zwischen Deutschland und China im Jahr 2008 besuchte ich das Druckgraphikzentrum Guanlan Print Base in Shenzen in Südchina. Barbara Beisinghoff war Anfang dieses Jahres dort und stellte fest, dass ich im Jahr zuvor dort war. So entstand ihre Idee, dass ich hier zur Ausstellungseröffnung in Darmstadt – meinem Wahlkreis – eine Rede halte.

Es gibt einen weiteren Grund, weshalb ich diese Einladung gerne angenommen habe. Ich fühle mich dem im Oktober 2009 eingeweihten Atelierhaus hier in der Riedeselstraße verbunden. Gerhard Roese, einer der Künstler dieser Ateliergemeinschaft, hat mir vor einigen Wochen das Haus und sein Konzept vorgestellt. Gerne mache ich als Darmstädter Bundesabgeordnete Werbung für dieses neue künstlerische Zentrum in Darmstadt und helfe, es noch weiter in das Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken. Denn das Atelierhaus bietet nicht nur Arbeitsplätze für derzeit sieben Künstlerinnen und Künstler, sondern dient auch dem öffentlichen Kunstdiskurs: Es gibt den Tag des offenen Ateliers, Diskussions- und Konzertabende oder Seminare.

 

Darmstadt und das Atelierhaus gesellt sich heute in eine beeindruckende Reihe von Orten, in denen Werke von Barbara Beisinghoff ausgestellt waren und sind – von Ausstellungen in Langen, Offenbach, Frankfurt am Main oder Hameln bis zu Museen wie dem Sprengel-Museum in Hannover, dem Museum für zeitgenössische Kunst in der Ukraine und dem National Museum of Women in the Arts in Washington.

Barbara Beisinghoff wurde bereits mit zahlreichen Kunst-Preisen ausgezeichnet –der erste Preis am Anfang ihres künstlerischen Schaffens war die Auszeichnung mit dem Georg-Christoph-Lichtenberg-Preis für bildende Kunst des Landkreises Darmstadt-Dieburg – 1988 – .
Sie sehen, meine Damen und Herren, Frau Beisinghoff hat ihre Kreise durch die Welt gezogen – aber immer wieder gab es ganz viele Berührungspunkte mit Darmstadt.

Was macht die Kunst – heute sehen wir Radierungen – von Barbara Beisinghoff so besonders, so außergewöhnlich? Sie ist eine große HAND-Werkerin. Und das meine ich so wie ich es sage. Ihr Schaffen und Wirken ist harte handwerkliche Arbeit. Ihre Werke unterscheiden sich sichtbar von der heute so modernen Concept Art – von den flirrenden, blitzenden Video-Installationen dieser Tage.

Barbara Beisinghoff beschreibt das selbst so: „Weiße Leinwand, glattes Zeichenpapier, blank polierte Radierplatten –nichts stellt sich ein bei mir – keine Assoziationen. Trotzdem ist die Lust da, diese provozierende Leere zu füllen, dieses geduldige Nichts zum Leben zu erwecken – zum eigenen Leben, aber eben lieber auf fleckiger Leinwand, auf schrundigem Papier, auf angelaufenen Radierplatten, die beim Tragen durch den Regen schon ein paar türkisfarbene Ätzscharten bekommen haben.“

 

Die Beisingschoffschen Werke haben eine Geschichte, bringen ein Vorleben mit. Sie entwickeln sich und werden entwickelt. Die Erstellung braucht Zeit – viel Zeit. In diesem Sinne ist die Radiertechnik eine anachronistische Kunst im Vergleich zu der Welt, in der wir leben. Barbara Beisinghoff arbeitet ohne Vorzeichnungen. Sie entwickelt ihre Bilder beim Fertigen der Druckplatten. Dazu kommt, dass das, was sie drucken möchte, erst übersetzt werden muss, denn die Druckplatte wird ja seitenverkehrt hergestellt.
Das Bearbeiten der Druckplatten ist eine harte und energiefressende Arbeit, wie Barbara Beisinghoff immer wieder berichtet. In einem Blog beschreibt sie das folgendermaßen: „Bilder sind immer verdichtete Energie. Die Kupferplatte wird mit Informationen bedeckt wie die Festplatte beim Computer.“ Und weiter: „Die Druckplatte hat die Energie, die ihr der Künstler gegeben hat, gespeichert und kann sie bei den Druckvorgängen abgeben.“

Echte Hand- und Körperarbeit ist auch wegen der Großflächigkeit der Werke zu leisten. Das Hantieren mit den großen Metallplatten, das Einfärben dieser großen Formate und dann das Drehen an den Rädern der Druckpresse – dabei kommt der ganze Mensch zum Einsatz – ganz im Gegensatz zu einer Bildbearbeitung mit der Maus am Computer.

Bei Barbara Beisinghoff kommen dabei Bilder heraus, die Landschaften sein könnten. Man erkennt Horizonte, sieht Mulden und Täler. Der Entstehungsprozess und das Werk bilden eine Einheit. Die Druckplatten erzeugen nicht nur ein Bild sondern eine Tiefe – fast eine dreidimensionale Struktur. Man bekommt den Eindruck, beim Abtasten würde man die Mulden und die Erhebungen spüren. Die körperliche Anstrengung, die Energie ist vom Betrachter tatsächlich zu spüren. Das Auge des Betrachters verfängt sich in einem Kosmos von abstrakten Landschaften. Eigene Erinnerungen werden wach. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich in den Drucken – insbesondere in den Farben – auch die Vergangenheit von Barbara Beisinghoff und die ihrer Familie in Memel in Ostpreußen widerspiegelt.

Die Künstlerin sagt von sich, die Technik sei ihr über die Jahre zugewachsen. Nach einer Ausbildung zur Kunsterziehung und einer Studium an einer einfachen Werkkunstschule hatte sie sich zunächst der Familiengründung gewidmet, bis sie Ende der 70er Jahre anfing, als Künstlerin zu arbeiten. Die Technik des Radierens hat sich Barbara Beisinghoff, wie sie mir erzählt hat, erst mühevoll angeeignet. Und sie hat sie weiterentwickelt – vom traditionellen Tiefdruckverfahren zum Verfahren nach Hayter, bei dem die Druckplatte stärker und langwieriger bearbeitet wird. Dadurch können sich die Farbtöne überlagern und mischen. Die Drucke werden noch plastischer. Ihr Schaffen ist eine ständige Auseinandersetzung mit der Technik, eine ständige Weiterentwicklung – zuletzt eben im Druckgraphikzentrum Guanlan Print Base in Shenzen. Dort in Südchina hat sie das Bild mit dem Titel „water & sky“ geschaffen. Dieses sehen Sie auf der Einladung für diese Ausstellung.

Die Arbeiten von Barbara Beisinghoff fordern den Betrachter. Sie selbst versteht ihre Werke als Anspielung. Dem Betrachter obliegt es, die Anspielungen aufzugreifen und seine eigenen Assoziationen dazu zu finden. Das Wechselspiel zwischen Linien und Farben sowie Fläche und Struktur macht neugierig, lässt verweilen – und abschweifen in die Landschaften, in die eigene Phantasie und vielleicht auch in die eigenen Träume.

Den Betrachter und die Menschen um sie herum zu fordern, ist von Barbara Beisinghoff ein Anliegen. Aber dabei belässt sie es nicht – sie gibt auch Hilfestellungen. Hier im Atelierhaus bietet sie deshalb am Dienstag eine Führung durch ihre Ausstellung an und ein Werkstattgespräch am 28. Mai. Ergänzend dazu können Sie sich in einem Workshop am kommenden Samstag über „Oberfläche und Tiefe“ kundig machen. Barbara Beisinghoff zeigt Ihnen hier im Atelierhaus verschiedene Druckarten von Kupferdruckplatten. Damit erfüllt sie den Anspruch dieses Atelierhauses, nämlich auch ein Ort der Kunstvermittlung und der Vernetzung zu sein, aufs Beste.“

 
 


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